Der Garten des Lebens

Wir verändern uns. Täglich. Leider zu oft unbemerkt, und leider noch viel öfter ungewollt. Wir reagieren auf unsere Umwelt. Und ehe wir uns versehen, sind wir ein Produkt der Wünsche und Vorstellungen anderer Menschen, alles was uns vielleicht bleibt, ist die sinngemäße Frage: “Wie bin ich hier hergekommen?”

Besser noch, wir fragen uns: “Was kann ich tun, um hier wieder weg zu kommen?”, denn das sollte uns zum eigentlichen Dilemma führen:

“Was will ICH?”

Dazu möchte ich eine kleine Metapher teilen, die Deine Phantasie anregen darf. Ich nenne die Geschichte:

Der Garten des Lebens 

Du wurdest geboren, ganz unschuldig, ganz unvoreingenommen, neugierig und auf der Suche nach Anschluss und Kontakten. In meiner Metapher ist das der Anfang. Du kaufst Dir ein Grundstück zwischen anderen Grundstücken. Es hat ganz viele Ecken und Kanten, es grenzt somit an ganz viele andere Grundstücke an. Einige der Nachbargrundstücke sind bereits lange verkauft und bewachsen, andere sind noch genau so leer wie unseres. Einige dieser leeren Grundstücke werden noch lange frei bleiben.

Du siehst, dass manche Grundstücke von hohen Mauern oder sogar dornigen Hecken umgeben sind, aber das interessiert Dich noch nicht, Du willst Deinen eigenen Garten anlegen. So schaffst Du zunächst mal eine Rasenfläche, die eine Grundlage für Dein Wohlfühlen wird, es ist nicht mehr Karg. Du schaffst mit der Zeit Kuschelecken für Deine Eltern und Geschwister, die Du mit niedrigen Hecken umgibst. Dadurch machst Du diese Bereiche besonders. Dein Garten ist offen für alle.

Nach und nach kommen Freunde dazu, Spielkameraden aus dem Kindergarten oder aus der Nachbarschaft. Nicht alle kommen in die gleichen Bereiche des Gartens, Du pflanzt Bäume zum Klettern, baust Buden, in denen Du mit Deinen besten Freunden spielst und Geheimnisse teilst.

Im Laufe der Jahre verändert sich etwas, Du gehst zur Schule, wirst Erwachsen. Und dabei verlernst Du schnell, den Garten weiter zu Pflegen. Es fühlt sich alles so groß an, und Du willst Dich doch auch in den Gärten der anderen umschauen. Dein Garten wird Dir irgendwie zu klein. Er verändert sich, die Natur lässt das Gras, Büsche und Sträucher hochwachsen, die Hecken werden hoch und undurchsichtig, die Buden werden überwuchert und verfallen schließlich. Aber statt zu pflegen und aufzuräumen, begeisterst Dich für die Gärten der anderen. Dir fallen Gärten auf, die strahlen und Dich magisch anziehen. Du genießt es, hast Spaß und Freude. Du hast einen eigenen Garten, ja sicher. Aber der ist nicht so schön wie die, in denen Du Dich herumtreibst, bei Freunden, Kollegen und so weiter.

Und ohne, dass Du es merkst, bist Du an einem Punkt angelangt, der Unzufriedenheit auslöst. Du bist älter geworden, der eigene Garten ist weitergewachsen. Ab und zu hast Du mal den Rasen gemäht, die Hecken geschnitten, ja sogar mal neue Blumen gepflanzt. Ist doch alles gepflegt, oder? Jetzt stellst Du fest, Du hast wir Dich beruhigt, Dir die Sachen schön gedacht. Dein Garten ist (hoffentlich) kein Chaos, aber in den anderen Gärten sieht alles irgendwie besser aus. Warum?

Du möchtest das ändern. Du bist aber eingespannt und hast wenig Zeit. Also bestellst Du vielleicht uns einen Gärtner. Du sagst ihm, er solle alles in Ordnung bringen, die Wege neu befestigen, die Bäume, Sträucher und Hecken schneiden, ein paar neue Blumen pflanzen, und alles in Ordnung halten. Klappt doch!

Aber irgendwie nagt es in Dir. Warum macht der Gärtner eigentlich alles anders? Er erklärt Dir, er als Profi wisse genau was nötig sei, und Du bist geneigt Dich entspannt zurück zu lehnen. Nur die neidischen Nachbarn mit ihren doofen Hinweisen, dass diese oder jenes so nicht geht, der Weg zu breit, die Hecke immer noch zu hoch, das Haus zu groß, der Zaun zu Blau, der…. “Hey, habt Ihr nicht gesehen? Da ist ein Profi am Werk!”

Hier entsteht der Scheideweg. Wenn Du nicht schon in frühen Jahren Verantwortung für Dich selbst übernommen hast, und so bereits Deinen eigenen Weg gehst, stehst Du im Nirvana Deines Lebensgartens. Vielleicht fängst Du an, dem Drängen der Nachbarn wie Eltern, Geschwister, Freunde, nachzugeben. Oder suchst Dir einen, bzw. verschiedene Berater. Aber Du hast verlernt, Dich selbst zu verantworten und bleibst im Dilemma. Vielleicht bist Du im Nirvana Deines Gartens zufrieden und richtest sich dort ein. Eine hohe Dornenhecke beschützt Dich. Kommt keiner mit einer Anti-Dornen-Panzerung, wirst Du Dein Leben in dieser Ecke Deines Gartens bis zum Ende fristen. Der Garten um Dich herum wuchert, jeder pflanzt und macht in diesem Garten, was er will. Außer Dir. Und vielleicht bist Du gerade dort jetzt glücklich.

Vielleicht lässt Du Dich von den Mitmenschen aufwecken, weil die nicht immer nur für Dich da sein möchten, Dir nicht immer helfen können oder wollen. Manchmal gelingt das freundlich, allzu oft entsteht das aus Streit mit dem anderen. Wie auch immer, gehst Du diesen Weg mit, kommst Du weiter, so wie Dich auch der Weg im nächsten Absatz weiterbringt.

Du schaffst es, zu reflektieren und Dich aufzuraffen. Du fängst an, den Garten nach Deinen Wünschen zu gestalten. Du hast eine Vision, ein ZIEL! Du weißt, Du musst erst alles sortieren und bereit haben, bevor Du loslegst. Du weißt, es geht nicht alles auf einmal, weil der Garten, oder wenigstens die Unordnung darin, zu groß ist. Und Du weißt, manche Sachen muss man neu reflektieren, wenn sie verändert sind. Nicht alles gelingt auf Anhieb. Aber die kleinen Erfolge machen Freude, sie motivieren Dich. Der erste Schritt ist getan.

Der fast vertrocknete Busch wird mit frischer Erde und Wasser versorgt und geschnitten, damit er neu austreiben kann. Die Buden aus den Kinderzeiten sind verrottet und nehmen Platz weg, sie müssen weg. Da sie an alte, unbeschwerte und glückliche Zeiten erinnern, dürfen sie in unserem Herzen bleiben. Ein Bild davon, vielleicht sogar aus Kindertagen, findet seinen Platz an Deiner heimischen Wand. Das gleiche gilt für alles, was Dir Freude bereitet hat und/oder Dich hat wachsen lassen. Du darsft Dich daran erinnern, in Dankbarkeit und Liebe. Es ist in Deinem Herzen.

Die Hecke zum Nachbarn schneidest Du auf eine gute Höhe. Vielleicht ist es noch der alte Nachbar, den Du lange nicht gesehen hast, mit dem Du sehr lange nicht mehr gesprochen hast. Du reparierst den Zaun, besonders die Tore darin, damit Du die neuen und alten Nachbarn einladen und besuchen kannst. Du reißt die Brücken zu den Grundstücken ab, die von Dornenhecken umgeben sind, weil Du Dich nicht verletzen willst. Und je mehr Du machst, desto mehr stellst Du fest, es tut gut. Du schaffst mehr und mehr, auf einmal kommen Leute in Deinen Garten. So, wie Du jahrelang eher in anderen Gärten gelebt hast.

Was ist passiert???

Du hast gelernt, zuzuhören und aufzupassen. Vor allem hörst Du auf eine besondere Stimme, nämlich die in Dir selbst! Du weißt jetzt, was Du willst, statt nur das, was Du nicht willst.

Denn solange Du etwas nicht willst, ist alles andere eine Option. Du willst keine Rosen in Deinem Garten, weil Du keine Dornen magst. Also kommt der nette Nachbar, und pflanzt eine Clematis. “Weiß der denn nicht, dass die unendlich schnell wächst und Mühe macht??? So ein Ignorant!” sagst Du. Leider sieht der Nachbar das anders. “Es sollten keine Rosen sein, also habe ich eine schöne Clematis angepflanzt. Eine argentinische Sorte, die 30m pro Jahr wächst und  schöne freundliche Blüten hat. Die sieht richtig toll aus!” Das gleiche passiert Dir übrigens, wenn Du gar keine Meinung zu etwas hast. Alle meinen es gut mit Dir und pflanzen etwas “Schönes” an. Und so sieht Dein Garten dann auch aus. Wie der Katalog eines Gartenbaumarktes.

Da Du das hinter Dir gelassen hast, und mittlerweile den Garten nur nach Deinen Vorstellungen gestaltest, bist Du glücklich. Nicht immer ist es leicht den Garten umzugestalten. Manchmal brauchst Du einen Spaten, den Du hast. Manchmal brauchst Du einen Bagger oder sogar einen Bulldozer, den Du Dir leihen musst. Aber Du lässt Dich nicht entmutigen. Zu jeder neuen Herausforderung gibt es eine neue Lösung. Samen und Kräuter werden in Deinen Garten geweht, Du entscheidest, ob Du sie wachsen lässt oder entfernst. Du hast verstanden, dass alles endlich ist. Das Glück, welches Du heute erfährst, ist morgen vielleicht nicht mehr da. Aber weil Du das Ziel hast, immer Glücklich zu sein, schaffst Du etwas Neues, was Dich Glücklich macht.

Jeden Tag.

Möge Dein Garten erblühen und Quell ewiger Freude sein!

Und solltest Du einmal Werkzeuge für Deinen Lebens-Garten leihen wollen, Der Raum ist  ein Ort an dem Du solche bekommst. Auch zum behalten!

© Michael Hippe

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